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Strategie-ABC: A-L

(Teil 1 von Mathias Dick)

Prolog

Das folgende ABC der Strategie soll Denkanstösse liefern. Es geht mir dabei nicht um eine schulmeisterhafte Abhandlung oder um eine umfassende Anleitung, wie Strategie zu «machen» sei. Vielmehr will ich die Strategie aus verschiedenen Blickwinkeln beleuchten, unterschiedliche Aspekte der Strategie aufzeigen. Die Strategie soll entmystifiziert werden und gleichzeitig ihre essenzielle und zentrale Bedeutung in der Unternehmensführung vor allem bei KMUs hervorgehoben werden.

Im Laufe des Lesens werden Sie sowohl Redundanzen wie auch Unvollständigkeiten (von einem wissenschaftlichen Standpunkt aus) feststellen. Man möge mir das verzeihen, denn ich bin mir sicher, in der Summe kommt man mit dem hier aufgeführten auf einen grünen strategischen Zweig; und erst noch auf einen starken… vorausgesetzt man nimmt es in Angriff.

A wie Anfang

Am Anfang steht der Wille oder die Einsicht. Der Wille was für die Zukunft der Unternehmung zu tun bzw. die Einsicht vorauszudenken und sich Gedanken über die Zukunft der Unternehmung machen zu müssen. Wenn man vor lauter Tagesgeschäft und Feuerwehrübungen dafür keine Zeit hat, dann ist es höchste Zeit einen Schritt zurück zu machen und sich eben genau diesen Zukunftsgedanken zu widmen, sich der Strategie anzunehmen. Und hat Ihre Firma eine Strategie, die ist jedoch drei Jahre alt oder älter, so ist es bei Ihnen an der Zeit, sich wieder mal zu überlegen wohin und wie Sie Ihr Unternehmensschiff steuern wollen.

B wie Belegschaft

Wenn Sie sich entschlossen haben die Strategie (wieder) an die Hand zu nehmen, so lohnt es sich darüber nachzudenken, wen Sie im Prozess dabeihaben wollen. Persönlich habe ich oft die Erfahrung gemacht, dass es wertvoll und nützlich ist, Mitarbeitende aus den verschiedenen Geschäftsbereichen an der Strategiefindung teilhaben zu lassen. Sie haben sehr wohl eine Vorstellung wohin es mit der Firma gehen soll und generell einen anderen Blick auf die Dinge als die Geschäftsleitung. Im Übrigen haben Sie dann praktisch kein Problem mehr, die Strategie in der Firma umzusetzen, da ein Teil der Belegschaft mit in den Prozess eingebunden war und somit das Verständnis in der Firma verankert ist.

C wie Chef

Ein Strategieprozess bzw. die Initialzündung dazu muss vom Chef kommen (bei KMUs) bzw. vom CEO eingefordert werden (bei grösseren Firmen mit Verwaltungsrat). Er bzw. sie, die Chefin, hat ein ureigenes Interesse zu wissen, wo die Reise mit der Unternehmung hingehen soll. Ist das mal geklärt, ist die Strategie organisatorisch umgesetzt worden und die Ausrichtung für alle klar, so kann man sich wieder auf das Tagesgeschäft, das Operative konzentrieren. Es ist viel einfacher Entscheide rasch und zielorientiert zu fällen, wenn man das Ziel und den Weg dorthin kennt. Weiss der Chef wohin, spüren das die Mitarbeitenden, fassen Vertrauen und sind motiviert. Ein Chef im «Feuerwehr-Modus» nützt niemandem.

D wie Definition oder denken

Was aber bitteschön heisst «Strategie». Normalerweise findet man Definitionen, die sich allgemein halten; im Stile von «Genauer (meist längerfristiger) Plan für die Handlungen, mit denen man ein Ziel erreichen will». Das heisst, es geht um längerfristige Planung und nicht um sofortige operative Umsetzung. Um eine Strategie zu definieren muss man jedoch ein Ziel haben. Wiederum gemäss Definition muss dieses Ziel in der längerfristigen Zukunft liegen (3-5 Jahre), das heisst, das Ziel muss mit dem Umfeld in der Zukunft in Zusammenhang stehen und den Anforderungen in der Zukunft genügen. Dafür muss man sich jedoch vorher mal mit der Zukunft befasst haben, man muss mal «Zukunft» gedacht haben.

Sie sehen, Strategie ist nichts anderes als der logische Weg, der Weg den die Firma, die Organisation, die Unternehmung mit all ihren Mitarbeitenden beschreiten muss um die Zukunft zu erreichen.

E wie Ehrlich

Eine Strategie verpflichtet. Sie verpflichtet zu ehrlichem Handeln. Hat man erst mal die Ziele festgelegt und sich auf die Strategie geeinigt, so müssen das operative Handeln und vor allem die Ausgaben / Investitionen der Strategie folgen. Viele Unternehmen haben zwar eine Strategie festgelegt, schaut man sich jedoch am Ende des Jahres die Geldflüsse an, so stellt man fest, dass sie mit der Strategie nicht viel zu tun haben. Vielmehr hat man in jene Massnahmen investiert, die man schon immer bespielt hat bzw. man hat «Opportunitäten» finanziert, die mit der Strategie nichts zu tun haben. Eine Strategie ist im Alltag eine Entscheidungshilfe, ein Richtungsweiser und ein «Feuerlöscher».

80 Prozent der Führungskräfte sind zwar überzeugt, dass ihr Unternehmen die richtige Strategie hat, aber nur 14 Prozent sind der Meinung, dass diese auch richtig umgesetzt wird (Norton 2006). Die Strategie zwingt einen ehrlich und konsequent zu denken, dementsprechend zu entscheiden und «nein» zu sagen.

F wie Führung

Bei der Umsetzung der Strategie bekleidet die Führungscrew eine Schlüsselfunktion. Sind die strategischen Ziele einer Unternehmung festgelegt und ist die Marschrichtung (Strategie) definiert, so geht es darum, alles dafür zu tun, dass auch im täglichen Geschäft diesem Ziel und seiner Marschrichtung Rechnung getragen wird. Die Belegschaft will informiert sein und dies nicht nur einmal, sondern regelmässig. Sie muss und will verstehen wieso welche Entscheide gefällt, welche Organisationsanpassungen vorgenommen, Dinge nicht mehr getan, Investitionen in dieses und nicht (mehr) in jenes Projekt vorgenommen werden. Gründe, weshalb man jetzt genau bei diesem Projekt eine Ausnahme machen und nur kurz von der beschlossenen Strategie abweichen soll, gibt es zur Genüge. Da ist konsequente Führung und vor allem Durchhaltewillen gefragt. Die Kunst ist es, beim operativen Geschäft die strategische Ausrichtung nie aus den Augen zu lassen.

G wie Geschäftsentwicklung

Das meine ich wörtlich; nicht Business Development, nicht Geschäftsfeldentwicklung, sondern wirklich die Entwicklung des Geschäfts. Will man eine Strategie konsequent umsetzen (und das sollte man, denn sonst war der ganze Aufwand umsonst) und damit die gesteckten langfristigen Ziele erreichen, so wird die Firma in ein paar Jahren nicht mehr dieselbe sein. D.h. wir müssen die Unternehmung entwickeln, so dass sie den Anforderungen in der Zukunft genügt. Diese Entwicklung geschieht zwar schrittweise, muss jedoch teilweise heute schon in Angriff genommen werden. Dazu gehören die

  1. Definition von neuen Produkten (von handfest bis hin zu Dienstleistungen)

  2. Prozessen (wie sind die internen / externen Abläufe, wo sind die Schnittstellen, …)

  3. Organisation der Unternehmung

  4. Personal (habe ich die richtigen Mitarbeitenden?)

  5. Führung (Zielvereinbarungsprozess, Balanced score card, Führungsstrukturen, …)

Diese Anpassungen, diese Entwicklung erfordern einen grossen Aufwand von der Geschäftsleitung.

H wie Hören

«Wer zu hören versteht, hört die Wahrheit heraus, wer nicht zu hören versteht, hört nur Lärm», (Chinesisches Sprichwort).

Damit wir wissen, was um uns herum im Geschäftsleben passiert, was andere bewegt, was die Trends sind, wohin die Reise geht, müssen wir zuhören. Damit meine ich, dass wir uns mit den Stakeholdern auseinandersetzen müssen. Ein Chef muss wissen, was den Lieferanten beschäftigt, er muss verstehen, womit sich der Transporteur herumschlägt, was die Standortgemeinde plant und wie die verschiedenen Kundensegmente denken. Denn nur so können wir im Strategiefindungsprozess eine aussagekräftige Analyse erarbeiten, sinnvolle Aussagen über die Zukunft und die Entwicklung dorthin festhalten. Wenn wir uns nur mit uns bzw. mit unserem direkten Umfeld beschäftigen, verpassen wir unter Umständen die Zukunft, die heute begonnen hat und uns im Gestern zurücklässt.

Mit anderen Worten: gehen Sie raus, sprechen Sie mit den verschiedenen Stakeholdern, hören Sie zu und nehmen Sie das Gehörte ernst. Es könnte sein, dass sich darunter eine Geschäftsidee, eine Weiterentwicklung, eine Opportunität, vielleicht sogar eine Innovation befindet.

I wie Innovation

Eine Unternehmung, egal in welcher Industrie, ist auf Innovation angewiesen. Dabei meine ich nicht die grosse, alles rettende Erfindung, die das Geschäft auf die nächsten 10 Jahre hinaus sichert. Nein, ich meine das innovative Verhalten aller in der Firma beschäftigten Personen. Produziert ein Unternehmen irgendein Produkt, bietet es eine Dienstleistung welcher Art auch immer an, besteht das Risiko, dass morgen ein anderer dasselbe in der selben Qualität anbietet, nur eben billiger, schneller, mit besseren Bestellmöglichkeiten, ….

Die Konsequenz daraus ist, dass die Firma einerseits nach dem Prinzip des Kaizens (Veränderung zum Besseren) das Bestehende immer weiter verbessert, andererseits eine Organisation und Prozesse (Umsetzung der Strategie) aufbaut, welche Innovation bzw. innovatives Denken und Handeln zulässt. Viele Mitarbeitende haben Ideen wie sie ihre Aufgabe oder die Zusammenarbeit verbessern, dem Kunden näherbringen, vereinfachen, abkürzen, günstiger gestalten, … könnten. Damit die Mitarbeitenden das tun wollen, müssen sie sich jedoch gewertschätzt fühlen und das Gefühl haben, dass Ihre Ideen auf fruchtbaren Boden fallen und aufgenommen werden. Wenn sie diese positive Erfahrung machen, identifizieren sie sich mit dem Unternehmen, sie stehen dafür ein, engagieren sich und sind bereit die sprichwörtliche Extrameile zu gehen. Das wird gelegentlich auch als Reputationsmanagement der Mitarbeitenden abgehandelt. Das ist eine Führungsaufgabe und hat mit der strategischen Entwicklung der Unternehmenskultur zu tun. Es macht eine Firma stark, flexibel und agil.

J wie Jahresgespräch

Das Jahresgespräch am Ende des vergangenen Jahres oder zu Beginn des neuen Jahres sollte ja die geleistete Arbeit, die Zielerreichung, die durchlaufene Entwicklung sowie die neuen Ziele (Arbeit, Entwicklung, …) des Mitarbeitenden zum Inhalt haben und würdigen. Haben Sie sich schon mal überlegt, wieviel diese Ziele mit der definierten Strategie bzw. mit den gesetzten strategischen Zielen zu tun haben? Doch! Das sollten sie haben. Und zwar müssen die Mitarbeiterziele mit den Jahreszielen der Abteilung über die Jahresziele der Firma zu den strategischen Zielen eine direkte Verbindung haben. Tun sie das nicht, kann der / die Mitarbeitende ja gar keinen Beitrag zum Erfolg und der Entwicklung des Unternehmens leisten. Dies gilt sowohl für die quantitativen wie auch für die qualitativen und persönlichen Ziele. Das ist eindeutig eine Führungsaufgabe und ist untrennbar mit der Strategie bzw. deren Umsetzung verbunden.

Dann noch etwas zum Titel dieses Blogs: wenn nur ein «Jahresgespräch» stattfindet, ist das zu wenig. Die Mitarbeitenden müssen die Chance haben sich im Laufe des Jahres zu verbessern oder es müssen Anpassungen an den Zielen vorgenommen werden. Das ist eigentlich ein kontinuierlicher Prozess, jedoch mindestens in der Mitte des Jahres brauchen die Mitarbeitenden einen Anhaltspunkt, ob und wie sie auf Kurs sind (oder eben nicht), was für die 2. Hälfte noch zu erreichen ist bzw. wo Kurskorrekturen angebracht sind.

K wie Kommunikation

Die Kommunikation im Zusammenhang mit der Strategie ist eines meiner Lieblingsthemen. Zum einen, weil sich ganz viele Firmen schwer damit tun, nicht wissen was tun und es dann vielfach grad ganz bleiben lassen. Zum anderen wird in den seltensten Fällen ein Kommunikationskonzept erstellt, und in noch selteneren Fällen wird dieses auf die Strategie abgestützt. Die Kommunikation ist ein Führungsmittel und hilft Ziele zu erreichen, sei dies den Kunden gegenüber (Verkaufsziele, Reputationsziele, …) oder den Mitarbeitenden gegenüber. So ist es z.B. wenig hilfreich eine Internetseite aufzubauen, monatlich einen gedruckten Newsletter zu versenden (der wird dann meist noch 1:1 auf das Internet geladen) und dabei informieren sich die Kunden via Instagram und treffen die Kaufentscheidung auf Twitter.

Dasselbe gilt für die Mitarbeitenden. Man hat ein wunderbares Intranet aufgebaut mit Geburtstagslisten, Marktplatz, Stellvertreterliste usw., doch der Chef jedoch verliert nie ein Wort über die eingeschlagene neue Strategie, deren Fortschritt und die damit verbundenen Neuerungen.

Die Kommunikation ist ein «Gesamtkunstwerk» das von aussen, von innen, von oben und von unten betrachtet / erfahren immer der Strategie dient. Die Kommunikation darf nie Selbstzweck sein. Eine Kommunikation, die nichts kostet ist von Vornherein nichts wert. Beginnt man mal damit, ist sie mit recht viel Aufwand verbunden, zeitlich, inhaltlich und materiell (Kanäle). Heisst also, es lohnt sich in die Kommunikation zu investieren, denn nur so werden Sie als Firma bzw. als Chef / Patron von Ihren Kunden und Ihren Mitarbeitenden verstanden.

L wie Langfristigkeit

Früher hatte eine Unternehmensstrategie für die nächsten 5-10 Jahre Gültigkeit. Heute legt man eine Strategie auf zirka fünf Jahre fest, tut dies jedoch im Wissen, dass sie alle 2-3 Jahre wieder überprüft bzw. angepasst werden muss. Die Geschwindigkeit der Veränderungen hat in den vergangenen Jahrzehnten stetig zugenommen und wird dies auch in Zukunft tun. Für die Unternehmen heisst das, dass sie zwar die Ausrichtung auf mittlere Frist festlegen können, jedoch immer bereit sein müssen, sich den ändernden Bedingungen anzupassen. Die Konsequenz daraus ist, dass sich Firmen so aufstellen bzw. organisieren müssen, dass dies überhaupt möglich ist. Wie das? Indem man die Belegschaft mit einbezieht. Die Mitarbeitenden sollen für ihren Bereich Verantwortung übernehmen, mitbestimmen und sich am Prozess beteiligen dürfen (vgl. das FAVI-Prinzip, Jean-François Zobrist). Das wiederum hat zur Konsequenz, dass die Organisation der Unternehmung nicht starr hierarchisch bzw. pyramidal, sondern «zellulär» aufgebaut sein sollte. Verbindet man dies mit innovativem Verhalten in der Firma (vgl. Blog «I wie Innovation»), so ist die Firma agil und flexibel, sie ist offen für Neues und die daraus folgenden Veränderungen. Und Veränderungen gibt es mit Sicherheit. Das entbindet die Firmenchefs bzw. die Verwaltungsräte nicht von der «langfristigen» Planung, der Strategie. Da die frühere Langfristigkeit zur Mittelfristigkeit geworden ist, müssen die Firmen die Strategie einerseits rasch, andererseits offen und adaptiv umsetzen.

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